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Bindungsangst in Beziehungen – Die Angst vor der Nähe

Was ist Bindungsangst?

Für die meisten Menschen ist die Partnerschaft ein wichtiger Bestandteil des Lebens. Doch fällt es einigen sehr schwer, sich zu öffnen und eine Beziehung mit anderen einzugehen. Statt Glücksgefühlen löst der Gedanke an eine dauerhafte Partnerschaft Ängste, Stress oder gar Panik aus. Diese Menschen leiden unter Bindungsangst.

Der Begriff „Bindungsangst“ oder auch „Liebesphobie“ bezeichnet eine nachhaltige Angst davor, eine langfristige, enge Beziehung zu einem anderen Menschen einzugehen. Bindungsphobikern fällt es sehr schwer, stabile Beziehungen  aufzubauen. Obwohl Betroffene sich innerlich nichts sehnlicher wünschen, als zu lieben und geliebt zu werden, haben sie Probleme damit, emotionale und körperliche Nähe zuzulassen. Sie erleben sie sogar als Gefahr und Bedrohung. Anstatt nach anfänglicher Verliebtheit eine ernsthafte Beziehung anzustreben, ergreifen sie meistens die Flucht und gehen auf Distanz.

Bindungsangst kann aber auch in bestehenden festen Beziehungen herrschen. Bindungsphobiker suchen häufig gezielt nach Streit, weil ihnen die emotionale und körperliche Nähe zum Partner zu viel wird. Sie benötigen mehr Freiraum.

Dabei sind sich viele Betroffene ihrer Bindungsangst und deren Ursache gar nicht bewusst oder leugnen sie sogar.

Welche Ursachen hat Bindungsangst?

Bindungsängste betreffen sowohl Männer als auch Frauen.

Was für andere Phobien wie zum Beispiel Höhenangst, Furcht vor Spinnen oder Klaustrophobie gilt, trifft auch auf die Bindungsangst zu: Ist die Angst erst einmal da, verschwindet sie nicht einfach von allein, sondern nimmt eher zu. Galt die Liebesphobie längere Zeit als Phänomen unter Männern, so wissen wir heute, dass auch viele Frauen darunter leiden.

Die Ursachen einer Bindungsangst liegen in der Vergangenheit der Betroffenen. Negative Erfahrungen wie Enttäuschungen, Verletzungen und Traumata, die nicht richtig aufgearbeitet wurden, gipfeln in einer Liebesphobie. Dahinter kann eine sehr schmerzhafte Trennung aus der nahen Vergangenheit stecken, die das Vertrauen in einen Menschen erschüttert hat. Dann fällt es schwer, sich wieder fallen zu lassen. Die Angst davor, eine solche Situation erneut zu eleben, ist viel größer als die Sehnsucht nach Nähe und Liebe.

Die Kindheit ist prägend

Oftmals liegen die schlechten Erfahrungen viel weiter zurück, manchmal sogar soweit, dass bindungsängstliche Personen sich gar nicht bewusst daran erinnern können. In vielen Fällen entsteht eine Bindungsangst in der frühen Kindheit, nicht selten in den ersten beiden Lebensjahren. Die Ursache ist häufig eine gestörte Beziehung zur Mutter, zum Vater oder zu beiden Elternteilen. Die Beziehungsangst wurzelt möglicherweise in:

  • einem unerfüllten Wunsch nach Geborgenheit und Nähe
  • einer Zurückweisung oder Vernachlässigung durch die Eltern
  • in Konflikten zwischen den Eltern oder aber auch

in einer überbehüteten Kindheit. Vor allem bei Männern liegt die Ursache der Bindungsangst häufig in einem gestörten Verhältnis zur Mutter. Ebenso kann der Verlust einer engen Bezugsperson im Kindesalter der Grund für eine spätere Bindungsphobie sein. Die Themen „Bindung“ und „Beziehung“ sind durch die schlechten Erfahrungen mit negativen Gedanken verbunden.

Durch emotionale Distanz versuchen Betroffene, sich vor dem Verlassenwerden, erneuten Verletzungen und Enttäuschungen zu schützen. Die Angst vor Zurückweisung macht es schwer, eine enge Bindung zu einem anderen Menschen einzugehen.

Zweifel an der eigenen Persönlichkeit

Genauso können fehlendes Selbstbewusstsein und ein negatives Bild, das man von sich selbst hat, zu einer Bindungsstörung führen. Wer sich selbst nicht als liebenswert erachtet, mag es sich meist nicht vorstellen, dass das jemand anderes tut. Dies führt zu ständigen Zweifeln an der Liebe des Partners. Geht es mehr um die Angst vor körperlicher als vor emotionaler Nähe, sind Missbrauchserfahrungen eine häufige Ursache. Solche Erlebnisse führen in vielen Fällen dazu, dass betroffene Personen große Schwierigkeiten mit Berührung, Sexualität und Vertrauen haben.

Die Symptome von Bindungsangst

Vielen Menschen ist ihre Bindungsangst gar nicht bewusst.

Viele Bindungsphobiker sind sich ihrer Bindungsangst gar nicht wirklich bewusst. Im Gegenteil: Häufig sehnen sie sich nach einer festen Beziehung und sprechen auch sehr viel und oft mit Freunden darüber. Dafür, dass es mit der glücklichen Partnerschaft nicht funktioniert, finden Betroffene meist diverse Erklärungen, zum Beispiel dass sie sich immer in die falschen Männer oder Frauen verlieben. Hierbei fällt es Frauen häufig leichter, ihre Bindungsangst vor anderen und auch vor sich selbst zu verstecken. Diese Form der Beziehungsangst ist auch als passive Beziehungsangst bekannt.

Andere meiden feste Beziehungen, indem sie sich selbst und ihren Mitmenschen vormachen, gar keine Partnerschaft anzustreben, sondern lieber ihre Freiheit genießen zu wollen. Sie stürzen sich in eine lockere Affäre, eine Fernbeziehung oder eine offene Beziehung. Durch das Gefühl der Distanz hält sich die die Angst in Grenzen. Hierbei spricht man auch von aktiver Bindungsangst.

In vielen Fällen leiden Männer eher unter aktiver Bindungsangst, während Frauen sich häufiger in der passiven Rolle finden.

Typische Anzeichen und Verhaltensweisen

Weitere Anzeichen, die unabhängig vom Geschlecht auftreten:

  1. Die Angst vor dem Scheitern ist größer als der Wunsch nach einer Beziehung.
  2. Verpflichtungen und Verbindlichkeiten einer festen Beziehung verursachen Panik.
  3. Es herrscht ein sehr großes Sicherheitsbedürfnis.
  4. Bindungsphobiker stellen unrealistisch hohe Erwartungen an einen möglichen Partner.
  5. Bindungsängstliche Personen wechseln sehr häufig den Partner.
  6. Nach einer Trennung stürzen sie sich schnell in eine neue, eher oberflächliche Beziehung.
  7. Sie wählen häufig oder gar ausschließlich unerreichbare Partner wie zum Beispiel Personen, die bereits vergeben sind.
  8. Wenn es nach den ersten Verabredungen ernst wird, gehen sie auf Abstand und sind eine Zeit lang unerreichbar.
  9. In Beziehungen provozieren sie oft Streit, um Distanz zum Partner aufzubauen, oder suchen nach Gründen für eine Trennung.
  10. Personen mit Bindungsangst ergreifen bei emotionaler Nähe reflexartig die Flucht oder reagieren kalt und distanziert.
  11. Bindungsphobiker meiden Themen wie Liebe, gemeinsame Zukunft, Heirat und Familienplanung.
  12. Bindungsphobiker möchten ihren Partner nicht ihrer Familie und Ihrem Freundeskreis vorstellen.
  13. Eine gemeinsame Wohnung kommt für Bindungsängstliche nicht in Frage.
  14. Zärtlichkeiten wie Küsse, Umarmungen oder Händchen halten in der Öffentlichkeit sind ihnen sehr unangenehm und daher äußerst selten.
  15. Personen mit Bindungsangst sind eher unzuverlässig und sagen beispielsweise romantische Verabredungen zu zweit oft kurzfristig ab.

Viele Bindungsphobiker leiden nicht nur unter psychischen, sondern auch unter körperlichen Symptomen. Dabei können die Reaktionen des Körpers sehr stark ausfallen. Dazu gehören häufig Herzrasen, Schweißausbrüche, Gefühle von Beklemmung, Atemnot bis hin zu Panikattacken.

Bindungsangst kann diverse Symptome beinhalten, die bei jedem Betroffenen unterschiedlich stark ausgeprägt auftreten. Daher sollte eine Diagnose immer ein darauf spezialisierter Arzt stellen. Trotzdem kann sich natürlich jeder selbst beobachten und feststellen, inwiefern sein zwischenmenschliches Verhalten Probleme bereitet und ob Handlungsbedarf besteht.

Wie lässt sich Bindungsangst behandeln?

Um eine Beziehungsunfähigkeit behandeln und schlussendlich überwinden zu können, ist es wichtig, dass Betroffene zunächst einmal erkennen und auch anerkennen, dass sie unter einer Angststörung leiden. Ist dieser Schritt getan, ist eine Psychotherapie oder eine professionell Beratung sinnvoll. Auf diesem Wege können Betroffene die Ursache ihrer Angst herausfinden und dem Übel auf den Grund gehen. Denn das Aufarbeiten negativer Erfahrungen gelingt nur selten allein. Das ist aber eine essentielle Voraussetzung dafür, die Angststörung hinter sich zu lassen.

Der Partner kann helfen

Für Beziehungsängstliche, die in der Partnerschaft vor allem Angst davor haben, Fehler zu machen, ist die Erfahrung wichtig und heilsam, dass sie Fehler machen dürfen. Das Gefühl, genau so geliebt zu werden, wie man ist, ist eine der Grundvoraussetzungen für eine funktionierende Beziehung. Daher kann ein umsichtiger, verständnisvoller und geduldiger Partner viel dazu beitragen, die Bindungsangst zu reduzieren. Im besten Fall überlagern die positiven Gefühle aus der neuen Partnerschaft die schlechten Erfahrungen aus der Vergangenheit, sodass Betroffene eine feste Beziehung immer weniger mit negativen Gefühlen verknüpfen.

In den Fällen, in denen ein mangelndes Selbstbewusstsein hinter der Bindungsangst steckt, ist eine positive Selbstwahrnehmung ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Wer ein starkes Selbstbewusstsein entwickelt, ist in der Lage, mit Ablehnung und Verlustangst besser umzugehen.